Ausschnitt aus dem Dialog “The Bodysnatchers”

Fuzzy: Viele unserer Freunde haben doch mit dem Computer angefangen, weil sie einen Job machen wollten, mit dtp ein paar Mark machen, aber immer schön säuberlich getrennt – die Arbeit am Computer für Kohle und ihre Arbeit im Atelier. Und jetzt plötzlich fangen sie an rumzudrucksen und sagen, es wäre ihnen jetzt klar geworden, und sie würden jetzt doch mal überlegen, ob sie nicht doch mal was mit dem Computer machen sollten, so kunstmäßig …

Logic: Hmmm …

Fuzzy: Warum sagst du nichts?

Logic: Das sieht wahrscheinlich jetzt überall so aus in den Ateliers. Da kommt man hin, die Leute können irgendwie nicht mehr malen, die Farbtuben trocknen ein …

Fuzzy: Ich denk’ halt immer, die können doch jetzt nicht alle aufhören, dann gibt’s ja nur noch Computerkunst. Logic: Ja, mir ist das auch gar nicht so recht, wenn jetzt der letzte noch auf den Zug aufspringt, dann verlieren wir unseren ganzen schönen Abstand, den wir uns da geschaffen haben. Fuzzy: Ich hab gestern so gedacht, wir sind ja eigentlich Figürliche, wär’ ich nie drauf gekommen, das so zu nennen, weil’s mir nicht darum geht …

Logic: Ich glaube, das ist immer funktional, das hat nichts damit zu tun, daß wir gerne knödeln, wie unser Freund Robert, der auch immer mal was Konzeptionelles versucht hat, aber einfach gemerkt hat, daß ihm dann was fehlt, dieses Tun, dieses Kneten am Material. Ich sitz’ lieber drei Stunden vorm Computer und mach’ die Fenster auf und zu, das ist mein Kneten am virtuellen Material.

Fuzzy: Wenn ich so an früher denke, im Atelier, da hatte ich immer Probleme, wenn noch ein anderer da war. Später dann saßen wir zu zehnt im Computerlabor, jeder an seinem Computer und das einzige Problem, das wir hatten war, daß wir keinen anderen dran lassen wollten. Das heißt, der Raum ist das Gesichtsfeld, die Kiste, in die man hineinschaut, ein relativ kleiner physischer Raum im Verhältnis zum Raum, in dem man sich sonst bewegt, in dem die Staffelei steht. Die anderen Sinne werden vollkommen ausgeblendet. Es nervt zwar, wenn andere mit Sound arbeiten, aber eigentlich kann man auch damit klar kommen. Dann setzt du halt Kopfhörer auf und bist vollkommen weg. Du siehst nur noch 1024 x 768 Pixel, das ist ja auch schön.

Logic: Für diejenigen, die das von außen betrachten, hat das diesen unangenehmen Beigeschmack – da klinken sich welche aus aus der gemeinsamen Welt, genauso wie Leute, die mit Drogen experimentieren. Sie sitzen im gleichen Raum mit dir, interessieren sich aber gar nicht für dich, weil sie in einer ganz anderen Welt sind. Du bist entsetzt über die Erfahrungen, die du machst, aber du kannst auch nicht widerstehen.

Fuzzy: Aber müssen das jetzt alle machen? Da ist doch eine gewisse Verzweiflung, vielleicht auch Neugier, aber unsere Erfahrung in den letzten Jahren war doch, daß man bei Ausstellungseröffnungen steht und rings um einen herum unterhalten sich die Leute über Computer. Keiner spricht über die Bilder an der Wand. Das muß ja dem Letzten dann auffallen, daß das, was er da an die Wand hängt, nicht mehr interessiert. Da ist dann Handlungsbedarf. Da gibt es keine friedliche Koexistenz, da geht es um die Wurst, und die Ängste sind vielleicht ganz berechtigt.

Logic: Hmmm …

Fuzzy: Irgendwann setzt du dich selbst ins Abseits, dann machst du Alte-Säcke-Kunst, wenn du nicht wenigstens ein Video oder einen Computer nebendran stellen kannst.

Logic: Das ist ja jetzt schon so. Überall steht zumindest ein Videomonitor, und wenn nur ‘ne Malaktion damit aufgenommen wurde. Aber was bedeutet das, daß überall Videos und cd-roms auftauchen, von Leuten, die eigentlich zwanzig Jahre lang was ganz anderes gemacht haben …

Fuzzy: Das wird die ganze schöne Medienkunst total verwässern und versoßen.

Logic: Ich meine, es haben alle möglichen Positionen in der Kunst ‘ne Chance gehabt zu überleben. Da gibt’s kitschige Sachen, minimalistische Sachen, Konzeptkunst, läßt sich vielleicht nicht so gut verkaufen, Pluralismus, den wird’s in der Medienkunst auch geben.

Fuzzy: Es ist ein bißchen so wie bei „The Bodysnatchers”. Man weiß gar nicht, wer schon alles umgemodelt ist. Immer, wenn wir wiederkommen, sind schon wieder welche umgewandelt, auch schon Medienkünstler geworden. Und dann, der letzte lebende Bildhauer – draußen laufen schon alle im Gleichschritt mit ihren Computern, und die erkennen dich dann und stoßen einen Schrei aus – und dann bist du dran …

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